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Lebensfluss bzw. in der Zielgeraden

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In der Zielgeraden

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Man erwartet einen Lebenslauf von mir. Offenbar wollen die Leute wissen, woran sie bei mir sind, auf wen sie sich da einlassen. Diese Vorsicht ist in jedem Falle angebracht, ich kann sie nachvollziehen.

Daher möchte ich Sie zunächst sofort beruhigen: Ich bin brav aufs Gymnasium gegangen, habe das Abitur und habe in der Folge Literatur, Kunstgeschichte und Romanistik studiert. Ich bin also im Besitz der bürgerlichen Weihen, führe ein geordnetes Leben und zahle meine Steuern.

Bei dem Wort Lebenslauf denkt man gern an einen Fluss, der sich durch eine imaginäre Landschaft mäandert, bis er letztendlich in dem großen Meer mündet, wo alle Flüsse enden. Aber zunächst stellt sich die Frage, wo ist dieser Fluss entsprungen?

Die Quelle meines Lebensflusses liegt in einem Biotop, das es in dieser Form heute kaum noch gibt: in einem Schwabinger Maleratelier, eines mit dem riesigen Nordfenster, mit der großen Staffelei, mit Vorhängen, Draperien und Gliederpuppen und dem Duft von Leinöl und Farben. Echte und falsche Genies gingen da aus und ein, es gab nächtelange Diskussionen, dafür aber oft sehr wenig Geld. Meteorologisch betrachtet wechselten die finanziellen Tiefs und Hochs in rascher Folge.

An solches Auf und Ab schon früh gewöhnt, schien mir später die Wahl eines freien Berufes mit seinen Unsicherheiten als etwas völlig Normales. Zum Ärger aller Finanzbeamten und Steuerberater war mir die Prognose zu erwartender Einkünfte ein Leben lang unmöglich. Bei mir verliefen die Dinge eher auf impressionistische Weise, ähnlich dem Malstil meines Vaters.

Ich liebe das Wort, die Sprache, die Rede. Früh schon will man bei mir philologische Talente erkannt haben. In dieser Hinsicht habe ich elterliche Erwartungen (neben vielen Befürchtungen!) nicht enttäuscht. Also habe ich mir neben meinem süddeutschen Idiom eine zweite Sprache zugelegt, nämlich die Französische, eine Sprache, in der ich mich angenehm zuhause fühle. Dazu kommt noch ein leidliches Spanisch. Aber- allen Neidern sei es gesagt- es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit: In Mathematik, Physik oder ähnlichen Geistesmartern bin ich ein blanker Idiot.

Meine frankophilen Neigungen brachten es mit sich, dass ich als junger Mann für längere Zeit nach Paris ging. Dort fand ich an einem Theater Unterschlupf, als Kaffeeholer und Regieassistent , bis ich selber inszenieren durfte, unter der väterlichen Betreuung von Jean Anouilh ( Théàtre de l'Atelier). Daneben verdiente ich mir ein Zubrot als Zeitungskorrespondent und - jetzt kommt's! - als Dichter! Novellen, Kurzgeschichten, Gedichte - einiges wurde sogar gedruckt - Schreibtischprodukte, mit denen ich mich heute nur ungern konfrontiert sehen möchte. Mit einem Wort, ich wollte ein engagierter Schriftsteller werden, unheimlich sozialkritisch, total problembewusst, also von denen einer, die unerschrocken heiße Eisen anfassen, ohne dass sie sich dabei die Finger verbrennen.

Mit guten Vorsätzen wird bekanntlich der Weg zur Hölle gepflastert. Unerwartet trat der Teufel in mein spartanisches Zimmer, in Gestalt eines Filmproduzenten. Es begann ein Handeln und Feilschen um meine Künstlerseele. Ruhm und Reichtum versprach mir der Zelluloidmephisto, fröhlichen Umgang mit den Schönen der Leinwand und höchstes Sozialprestige.
Heute weiß ich, solche Zusicherungen erfüllen sich in der Regel nie. Aber dennoch, ich kann auf ein gutes Dutzend realisierter Spielfilme zurückblicken, unter denen es sogar einige gibt, für die ich mich nicht schämen muss.

Inzwischen hatte das Fernsehen seine Kinderschuhe abgestreift und strebte nach Höherem. Die Herrn Intendanten sahen sich als Herolde der Kultur und als Bewahrer erhabenster Bildungsgüter. Die Zeit der ehrgeizigen Fernsehspiele fing an und auch das Unterhaltsame wurde mit Gewissenhaftigkeit und künstlerischem Engagement betrieben.
Damals war man noch naiv im schönsten Sinn, es gab noch nicht die Sudelküche der Kommerzsender. Wir Autoren mussten Ansprüche erfüllen und durften auch Ansprüche stellen. Ich habe noch nicht nachgezählt, wie viele Fernsehspiele, Komödien oder Serien ich erfunden, geschrieben oder inszeniert habe. Einiges davon wiederholt man mit Erfolg auch heute noch. Aber in die Freude des Wiedersehens mischt sich die traurige Erkenntnis, dass Ähnliches jetzt nicht mehr gemacht wird. Man kann es nicht mehr und deshalb will man es auch nicht mehr.

Während all der Wechselfälle im Medienzirkus bin ich immer mit einem Fuß im Theater geblieben, was mir eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber unpassenden Ansinnen erlaubt hat. Ich habe über fünfzig französische Theaterstücke ins Deutsche übertragen. Sie haben alle ihre Feuerprobe bestanden und sind viel gespielt worden. Übersetzen, sprachlicher Mittler zu sein zwischen zwei Kulturkreisen ist eine Aufgabe, die mir immer wieder Freude macht. Ein paar Theaterstücke habe ich auch selber geschrieben. Eines davon hatte über hundert Aufführungen und wurde auch vom Fernsehen ausgestrahlt ( "Ein unruhiger Sommer").
Das letzte meiner Stücke fand seine Uraufführung vor zwei Jahren im Münchner Volkstheater.

Lebensläufe sind für ihre Verfasser nie ganz frei von Peinlichkeit. Gilt es doch zu beweisen, was für ein toller Kerl der Dargestellte ist. Also streicht man Erfolge heraus und mogelt sich elegant über Pleiten und Niederlagen. Aber keine Sorge, auch solche gab es genug in meinem Leben, verursacht durch eigene Dummheit oder durch widrige Umstände. Doch als unverbesserlicher Optimist habe ich alle blamablen Erfahrungen ins Anekdotische umgebogen und erlebe damit immer wieder Heiterkeitserfolge. Das Lachen aus Schadenfreude ist eben leicht zu erzielen.

Bei meinem Lebensmarathon bin ich inzwischen in die Zielgerade eingelaufen, etwas kurzatmig, mit Blasen an den Füssen, ramponiert, hinkend, nicht mehr der Schönste. Ja ja, sagen die Freunde, du hast dich zwar auf der Strecke ganz wacker gehalten, aber bei den großen Siegern bist du nicht.

Trotzdem freut man sich über den Beifall und die aufmunternden Zurufe.

Gez.
Franz Geiger

 

 

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